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Ein Wahlsieg, aber kein Triumph: Moskaus Bürgermeister Sobjanin gewinnt nur knapp im ersten Wahlgang (Foto: vesti.ru)
Ein Wahlsieg, aber kein Triumph: Moskaus Bürgermeister Sobjanin gewinnt nur knapp im ersten Wahlgang (Foto: vesti.ru)
Montag, 09.09.2013

51 Prozent: Sobjanin gewinnt Wahl in Moskau nur knapp

Moskau. Bei den Bürgermeisterwahlen in Moskau hat Amtsinhaber Sergej Sobjanin sein Amt im ersten Wahlgang mit knapper Mehrheit verteidigt. Herausforderer Alexej Nawalny schnitt gut ab – aber eben nicht hoch genug.

Nach Auszählung aller Stimmen lautet das vorläufige Endergebnis für Sergej Sobjanin 51,4 Prozent. Alexej Nawalny, der gegenwärtig schärfste politische Widersacher von Präsident Wladimir Putin, kam auf 27,2 Prozent. Der kommunistische Kandidat Iwan Melnikow erhielt 10,7 Prozent. Die Ergebnisse der drei anderen Kandidaten der Parteien Jabloko, LDPR und Gerechtes Russland erzielten nur je zwischen 3,5 und 2,8 Prozent.

Damit ist Sobjanin, der als nominell unabhängiger Kandidat antrat, im ersten Wahlgang gewählt. Das Ergebnis liegt aber doch deutlich unter den von Umfragen prognostizierten und in den Kreisen der Politstrategen der russischen Führung angestrebten Wert von über 60 Prozent für den immer sehr seriös auftretenden Stadt-Manager.

Zugleich erzielte der unlängst wegen eines angeblichen obskuren Betrugsmanövers zu fünf Jahren Gefängnis verurteilte Nawalny ein weitaus höheres Ergebnis als allgemein erwartet.

Laue Wahlbeteiligung: Nur jeder Dritte ging hin


Eine Ursache dafür könnte die geringe Wahlbeteiligung sein: Nur 32 Prozent der Wahlberechtigten waren in Moskau an die Urnen gegangen. Ähnlich niedrig fiel die Wahlbeteiligung auch in den zahlreichen anderen Regionen aus, wo es am Sonntag ebenfalls Wahlen für die Gouverneurs-Ämter gab, zu den regionalen Parlamenten oder Bürgermeisterwahlen gab.

Als Grund dafür wird jetzt vor allem der ungünstige Termin des „landesweiten Wahltags“ genannt, der noch in die ausklingende Urlaubs- und Datscha-Saison gefallen ist. Vor allem viele Rentner – ein wichtiges Wählerreservoir für die Staatsmacht wie auch die Kommunisten – sind noch voll damit beschäftigt, auf ihren kleinen Landsitzen die Ernte einzubringen.

Bei Russland-Aktuell
• Kandidaten liefern sich Schlammschlacht um Moskau (16.08.2013)
• Putin-Gegner Nawalny: Wahlerfolg oder fünf Jahre Gefängnis (23.07.2013)
• Gericht lässt Nawalny nach Protesten frei – vorerst (19.07.2013)
• Sechs Kandidaten für den Bürgermeisterposten in Moskau (12.07.2013)
• Wahl in Moskau: Sobjanin kandidiert als Unabhängiger (17.06.2013)
Der eloquente und charismatische Nawalny konnte hingegen in Moskau sein Elektorat aus Protestwählern, Anhängern der Anti-Putin-Bewegung und ideologischen „Westlern“ offenbar gut mobilisieren.

Nawalny fühlt sich um zweiten Wahlgang betrogen


Alexej Nawalny ist aber nicht gewillt, das Ergebnis so anzuerkennen. Obwohl es – allerdings nur in Moskau – insgesamt bedeutend weniger Vorwürfe wegen Wahlfälschungstricks gab als bei den letzten Duma- und Präsidentenwahlen, hält er das Ergebnis für getürkt. Sobjanin habe in Wirklichkeit weniger als 50 Prozent erreicht, erklärte er: „Es muss einen zweiten Wahlgang geben.“

Nawalny fordert vor allem die Annullierung der Ergebnisse aus den mobilen Wahlurnen, mit denen Wahlhelfer nicht mobile und bettlägerige Wähler zu Hause oder in Kliniken aufsuchen.

Nach Angaben der Wahlleitung wurden auf diese Weise 104.700 Stimmen abgegeben. Das sind über 4 Prozent aller Wähler – im Prinzip genug, um das Ergebnis für Sobjanin über die 50-Prozent-Marke zu heben. „Lasst uns die Ergebnisse aller Wahllokale annullieren, wo Nawalny wenig Stimmen bekommen hat“, konterkarierte Valentin Gorbunow, der Leiter der Wahlbehörde, den Vorwurf Nawalnys.
Alexej Nawalny holte 27 Prozent - ein Rekordergebnis für einen Putin-Gegner (Foto: vesti.ru)
Alexej Nawalny holte 27 Prozent - ein Rekordergebnis für einen Putin-Gegner (Foto: vesti.ru)

Sind 27 Prozent in Moskau genug Rückhalt für einen Freispruch?


Für den Blogger und Korruptionsjäger Nawalny, der für die west-orientierte Partei RPR-Parnas angetreten war, stellt sich nun die Frage, wie sich sein gutes Abschneiden auf sein weiteres Schicksal auswirkt: Er steht mit einem Bein im Gefängnis, nachdem ihn im Sommer ein Gericht in Kirow zu fünf Jahren Haft wegen einer angeblichen Mauschelei mit dem Aufkauf von Holz bei staatlichen Forstbetrieben verurteilt hatte.

Der Bürgermeisterkandidat verbrachte aber nur eine Nacht hinter Gittern, dann wurde das Urteil eilig wieder außer Kraft gesetzt – bis zum Spruch der Revisionsinstanz. Wann diese Verhandlung stattfinden wird, hängt angesichts der Lenkbarkeit der russischen Justiz einzig und allein vom politischen Kalkül der Strippenzieher im Kreml ab – genauso wie das finale Urteil: Im Falle einer Haftstrafe, auch wenn sie Bewährung ausgesetzt werden sollte, kann Nawalny aufgrund der Gesetzeslage nicht mehr bei Wahlen kandidieren.

Bei Russland-Aktuell
• Duma votiert für Wiedereinführung von Direktmandaten (16.04.2013)
• Regionen können Gouverneurswahlen wieder abschaffen (25.03.2013)
• Putin: Russland soll zurück zum Verhältniswahlrecht (09.01.2013)
• Wahlen als Minderheitenprogramm: Beteiligung miserabel (15.10.2012)
• Gouverneurswahlen: ER-Kandidaten siegen durch die Bank (15.10.2012)

Moskau war Demokratie-Experimentierfeld


Das Moskauer Wahlergebnis hat nun gezeigt, dass dieser Mann als Gallionsfigur der Opposition das Zeug hat, bei freien und fairen Wahlen eine große und kritische Wählermasse hinter sich zu bringen – wenn man ihn nur lässt. Doch Nawalnys Wahlteilnahme und der weitgehend faire Verlauf des Moskauer Urnengangs scheint nur ein Experiment der Staatsmacht in Sachen echter Demokratie gewesen zu sein.

Nawalny hatte administrative Rückendeckung von Sobjanin bekommen, um überhaupt die Hürden der komplexen Wahlzulassung zu nehmen. Und man ließ ihn – für einen scharfen Kreml-Kritiker sehr ungewöhnlich - seinen Wahlkampf relativ ungestört führen.

In den vielen anderen Regionen und Städten, in denen zeitgleich gewählt wurde, siegten dann auch durch die Bank die Kandidaten und Listen der Kreml-Partei „Einiges Russland“ – mit zwei Ausnahmen.

Oppositionskandidaten siegen in Jekaterinburg und Petrosawodsk


In Petrosawodsk, der Hauptstadt der Teilrepublik Kareliens, gewann die unabhängige Kandidatin Galina Schirschina mit 42 Prozent die Bürgermeisterwahlen – und übertrumpfte dabei den amtierenden Rathauschef der Putin-Hauspartei, der nur 29 Prozent erreichte.

Und als echte politische Sensation wird heute in Russland das Resultat der Bürgermeisterwahl in der Ural-Millionenstadt Jekaterinburg gehandelt: Dort bekam Ewgeni Roisman, der Kandidat der „Bürgerplattform“ von Ex-Präsidentschaftsbewerber und Multimilliardär Michail Prochorow, mit 30 Prozent die meisten Stimmen. Für den Kandidaten von „Einiges Russland“ votierten nur 26,5 Prozent.

Da hier kein zweiter Wahlgang vorgesehen ist, wird Roisman nun ins Rathaus einziehen. Der koloritvolle Dichter, Ikonen-Spezialist und Rallye-Fahrer hatte sich in den letzten Jahren mit seiner effektiven, aber am Rande der Legalität und Humanität arbeitenden Initiative „Stadt ohne Drogen“ landesweit einen Namen gemacht.

Allerdings ist damit noch nicht gesagt, dass nicht Macht-konformen Bürgermeistern wie Roisman im heutigen Russland eine lange Amtszeit bevorsteht: Der erst im letzten Jahr gewählte, ebenfalls von der Prochorow-Partei gestellte Bürgermeister von Jaroslawl, sitzt inzwischen wegen Korruptionsvorwürfen in U-Haft.



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Stoll 09.09.2013 - 16:20

Die Opposition hat einen neuen Führer

Rechnet man den mittlerweile üblichen Wahlbetrug ab, dann wäre eine Stichwahl die Konsequenz. Es ist ein respektabler Achtungserfolg Nawalnys,der damitfür Putin immer gefährlicher wird.


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