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Schlauchboote sind in den Hochwassergebieten am Amur zum Hauptverkehrsmittel geworden (Foto: MTschS)
Schlauchboote sind in den Hochwassergebieten am Amur zum Hauptverkehrsmittel geworden (Foto: MTschS)
Mittwoch, 28.08.2013

Amur-Hochwasser wird Chef-Sache: Putin fliegt ein

Chabarowsk. Ab Donnerstag wird im Hochwasser-Gebiet von Chabarowsk der mehrere Tage andauernde Höchststand erwartet. Gleichentags fliegt auch Präsident Putin ein, um die Katastrophenbekämpfung unter persönliche Kontrolle zu stellen.

In den letzten 24 Stunden ist der Pegel des Amur auf Höhe von Chabarowsk erneut um ein Dutzend Zentimeter angestiegen: Mit 7,47 Meter steht er nun mehr als einen Meter höher als der 1897 gemessene bisherige historische Höchststand. Seit die Region im Osten Sibiriens an der Grenze zu China in der Mitte des 19. Jahrhunderts von den Russen besiedelt worden ist, gab es keine solchen drastischen Überschwemmungen.

Halten die Dämme eine Woche lang?


Nachdem es faktisch den ganzen Sommer über im russischen Fernen Osten und in den Nordostprovinzen Chinas dreimal mehr geregnet hat als üblich, fließen nun gewaltige Wassermassen über den Grenzfluss Amur in Richtung Pazifik ab. Die Flut ist dabei ein langsames Phänomen: Der ab Donnerstag in Chabarowsk, mit 600.000 Einwohnern die größte Stadt der Region, erwartete Pegelhöchststand wird bis zu einer Woche anhalten.

Die in der Stadt aufgeschütteten Dämme von inzwischen 18 Kilometer Länge werden zwar inzwischen auf Wasserstände von über 8 Meter ausgelegt. Allerdings stellt sich die bange Frage, ob sie einer so langen anhaltenden Dauerbelastung auch gewachsen sind und nicht durchweichen.

Schon jetzt sind in den betroffenen Gebieten 98.000 Menschen von der Flutkatastrophe betroffen. 10.000 Häuser in 130 Ortschaften stehen unter Wasser.

Der Gesamtschaden wird von den Behörden gegenwärtig mit 30 Mrd. Rubel (etwa 680 Mio. Euro) kalkuliert, doch sind viele Folgekosten bislang schwer abschätzbar. Für tausende Evakuierte müssen zunächst provisorische Winterquartiere und dann neue Behausungen geschaffen werden, weil ihre Häuser nicht mehr bewohnbar sein werden. Ihre Erwerbsgrundlage ist in vielen Fällen zerstört.

"Vor mir die Sintflut": Putin kommt später als erwartet


Am Donnerstag wird Präsident Wladimir Putin in der Region eintreffen und mit einer Regierungs-Kommission die Notstands-Maßnahmen koordinieren. In russischen Medien sind bereits kritische Stimmen laut geworden, dass Putin sich angesichts des Ausmaßes der Katastrophe dieses Mal sehr viel Zeit mit einem persönlichen Eingreifen gelassen hat – fast einen ganzen Monat.

Bei Russland-Aktuell
• Rekord-Hochwasser: Landunter in und um Chabarowsk (23.08.2013)
• Jahrhundert-Hochwasser am Amur bedroht tausende Menschen (19.08.2013)
• Hochwasser-Katastrophe von Krymsk: Haftstrafen für Beamte (21.08.2013)
• Sturmwarnung: Russisch-Fernost erwartet Supertaifun (28.08.2012)
• Russischer Fernost-Gouverneur schwimmt nach China (20.07.2012)
Die Zeitschrift „Sobesednik“ äußerte den Verdacht, dass Putin bewusst eine Exkursion in das als erstes schwer betroffene Amur-Gebiet um Blagoweschtschensk vermied, um Anfeindungen zu vermeiden: Dort sei die Bevölkerung der Ansicht, dass die kremlnahe Wasserkraft-Gesellschaft RosGidro schuld an der Lage habe.

Sie betreibt dort am Oberlauf der Amur-Nebenflüsse Seja und Bureja große Staudämme. Dort habe man die Frühjahrs-Hochwasser jedoch nicht abgelassen, sondern zurückgehalten, um daraus Strom zu gewinnen, „den man den Chinesen teuer verkaufen kann“. Die unerwarteten Regenmengen des Sommers hätten deshalb in den vollen Stauseen nicht zurückgehalten werden können, sondern mussten gleich abgelassen werden.

Welle rollt auf Komsomolsk-am-Amur zu


Unterdessen wird auch die 300 Kilometer Amur-abwärts von Chabarowsk gelegene Industriestadt Komsomolsk zunehmend von den Wassermassen bedrängt. Dort besteht die Gefahr, dass der Flughafen überflutet wird – was für die Durchführung von Hilfsmaßnahmen fatal wäre.

In der Hochwasser-Region werden aufgrund der angespannten Lage jetzt auch Hilfskräfte mobilisiert, die sonst nicht unbedingt zum Einsatz kommen: In zwei Straflagern in der Region sind die Häftlinge mit dem Errichten von Dämmen beschäftigt, um ihre Gefängnisse vor einer Überflutung zu bewahren.

Auch fehlt es an Fachkräften: Man möchte jetzt über die Wehrämter Reservisten einberufen, die in ihrer Militärzeit Erfahrungen als Fahrer von Kipplastern, Planierraupen und Baggern sowie im Betrieb von Pumpanlagen gesammelt haben.



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