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Freitag, 28.06.2002

Ab Montag bargeldloser Verkehr

St. Petersburg. Ab Montag gilt in Russland ein neuer Strafkodex für Ordnungswidrigkeiten. Am interessantesten ist dieses Dokument für Autofahrer: Für eine Vielzahl von Regelverstößen gelten dann neue Strafen – die in Zukunft aber grundsätzlich nicht mehr bar bezahlt werden können: Die Inspektoren der Verkehrspolizei GIBDD dürfen nur noch Protokolle ausstellen, aber nicht mehr an Ort und Stelle kassieren.

Auch die bisher übliche Beschlagnahme des Führerscheins als Pfand bis zur Bezahlung der Strafe per Überweisung (der Fahrer bekam allerdings ein Papier ausgestellt, mit dem er sich weiter ans Steuer setzen konnte), ist von dem neuen Regelwerk nicht mehr vorgesehen. Ebenfalls nicht mehr in der Kompetenz der GIBDD liegt der zeitweise Führerscheinentzug als Strafe. Dies kann nur noch ein Gericht festsetzen.

Ab sofort gelten Regeln, die nach einem Regelverstoß die Auseinandersetzung mit dem „GAIschnik“ zwar etwas langwieriger gestalten, aber grundsätzlich gegen Willkür und Korruption wirken sollen: „Jeder Verkehrspolizist, der Geld in die Hand nimmt, hat bereits eine Gesetzesverstoß begangen“, so Russlands oberster “GAIschnik“, Generaleutnant Wladimir Fjodorow.

Der Verkehrspolizist füllt im Beisein des Fahrers ein Protokoll aus und setzt die Strafe fest. Bezahlt werden muss dann innerhalb von 15 Tagen per Einzahlung in der nächsten „Sberbank“. Der Bestrafte kann aber auch innerhalb von 10 Tagen bei der Leitung der Verkehrspolizei Widerspruch gegen den Strafbefehl einlegen. Wer nicht zahlt, sollte der Theorie nach alsbald Besuch vom Gerichtsvollzieher bekommen. Aus diesem Grund werden sich die Inspektoren in Zukunft auch danach erkundigen, ob man wirklich an jener Adresse wohnt, wo man gemeldet ist.

Eher eine zivilisatorischen Rückschritt bedeutet dagegen die neue Vollmacht für Verkehrspolizisten, die Nummernschilder zu konfiszieren. Dies ist für den Fall vorgesehen, dass ein Auto nicht fristgerecht die „Techosmotr“ (das russische TÜV-Pendant) durchlaufen hat. Allerdings ist die Strafe für Fahren ohne Nummernschilder auf den minimalen Betrag von 0,5 MROT (der staatlich festgesetzte sog. „Mindestlohn“, eine verwaltungstechnische Recheneinheit, die gegenwärtig 100 Rubel entspricht). 50 Rubel sind übrigens in Zukunft auch der Einheitspreis für falsches Parken, Nichtbeachten von Verkehrschildern oder Straßenmarkierungen, unangeschnalltes Fahren, oder Geschwindigkeitsübertretungen von bis zu 20 km/h.

Erweitert wurde die Liste der Vergehen, die mit zeitweisem Führerscheinentzug geahndet werden: Alkohol am Steuer, die Verweigerung des amtlichen Alkoholtests (nicht des Pusteröhrchens), das Überfahren geschlossener Bahnübergänge, Unfallflucht, jeglicher Regelverstoß, der leichte Verletzungen eines Menschen zur Folge hatte, Geschwindigkeitesüberschreitungen um mehr als 60 km/h sowie das unbefugte Befahren der Gegenfahrbahn.

Die Verkehrspolizei dürfte sich dank des neuen Regelwerks in Zukunft aber auch um Personenkreise kümmern, die von ihr bislang eher ignoriert wurden: Mit bis zu 300 Rubel können in Zukunft auch zu Fuß gehende Verkehrssünder abgestraft werden. Und auch die öffentlichen Straßendienste können von der GIBDD belangt werden, wenn Schlamperei bei Straßenbau oder Straßenreinigung zu einem Unfall geführt hat.



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