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Die "Nerpa" kehrte nach dem Unglück aus eigener Kraft in den Hafen zurück (foto: tv/newsru)
Die "Nerpa" kehrte nach dem Unglück aus eigener Kraft in den Hafen zurück (foto: tv/newsru)
Sonntag, 09.11.2008
Aktualisiert 09.11.2008 18:16

20 Gas-Tote auf russischem Atom-U-Boot im Pazifik

Wladiwostok. 20 Menschenleben forderte ein technischer Defekt auf einem nagelneuen russischen Atom-U-Boot: Bei einer Testfahrt sprang das Feuerlöschsystem an – das Bugsegment verwandelte sich in eine Gaskammer.

Acht Jahre nach dem dramatischen Untergang der “Kursk“ im Nordmeer sorgt erneut ein schweres Unglück auf einem russischen Atom-U-Boot für Aufsehen: 20 Tote und 21 Verletzte sind zu beklagen, weil im Vorderschiff unvermittelt das automatische Feuerlöschsystem ansprang – angeblich, ohne dass es einen Brand oder Rauchentwicklung gegeben hätte.

Die Opfer erstickten an dem ausströmenden Gas Freon. Radioaktivität wurde nicht freigesetzt, das Schiff sei nicht einmal beschädigt worden, hieß es. Präsident Dmitri Medwedew Dmitri Medwedew sei umgehend über den Vorfall informiert worden. Er ordnete eine gründliche Untersuchung an, teilte der Kreml-Pressedienst mit.

Unglücks-U-Boot liegt wieder im Hafen


Am Sonntag traf es aus eigener Kraft in der U-Boot-Basis Bolschoj Kamen bei Wladiwostok ein. Die Verletzten waren zuvor auf ein Kriegsschiff überstellt worden, dass sie umgehend an Land zur weiteren medizinischen Versorgung brachte.

Testfahrt: An Bord waren in erster Linie Techniker


Die Informationen über den Unglücksverlauf beruhen bisher nur auf Aussagen der Flotte und der Staatsanwaltschaft. Demnach befanden sich in der Nacht auf Sonntag bei der Testfahrt vor der russischen Pazifikküste 208 Personen an Bord. Nur 81 davon waren Marinesoldaten, erklärte ein Sprecher der russischen Flotte.

Bei Russland-Aktuell
• Kursk 2? Keine Radioaktivität auf Atom-U-Boot (09.11.2008)
• Schwerer Unfall auf russischem Atom-U-Boot im Pazifik (09.11.2008)
• Pazifik: Zwei Tote bei Brand auf russischem Kriegsschiff (18.09.2008)
• Geschichte Russland: Der Untergang der „Kursk“ (12.08.2008)
• Russland und Indien bauen Hyperschall-Flügelrakete (29.09.2008)
Der Rest seien zivile Techniker der Werft in Komsomolsk-am-Amur gewesen, wo das Schiff gebaut worden war. Das betroffene U-Boot sei formell noch nicht an die Flotte übergeben gewesen.

Möglicherweise erklärt dies den Umstand, warum es soviel Opfer gab: Professionelle U-Boot-Fahrer sollten eigentlich darauf trainiert sein, bei Problemen mit der Atemluft schnell genug die Schutzmasken aufzusetzen, die jeder an Bord ständig in Griffweite haben sollte. Angeblich waren 220 Atemgeräte an Bord.

Geheimniskrämerei um den Namen des Schiffes


Obwohl die Flotte den Namen des Schiffes nicht nannte, ist dessen Identität bekannt – und zugleich geheimnisumwittert: Das einzige Atom-U-Boot, dass sich gegenwärtig im Pazifik in der Werfterprobung befindet, ist die „Nerpa“, nach der Nato-Klassifizierung ein 108 Meter langes Schiff der “Akula-II“-Klasse – und damit eines der schnellsten und leisesten russischen U-Boote. Im Einsatz umfasst seine Standard-Besatzung nur etwa 70 Mann.

Exportiert Russland Atom-U-Boote? Empfänger abgeblich Indien


Mit seinem Bau war schon 1991 begonnen worden, doch dann ging das Geld aus. Angeblich – und hier beginnt jetzt das Rätselraten – wurde die Nerpa nun im Auftrag Indiens fertiggebaut: Denn wie indische Medien berichteten, hatten Russland und Indien 2004 in einem Geheimvertrag vereinbart, das Boot zum Preis von 650 Mio. Dollar für zehn Jahre an Indien zu verleasen.

Auf der „Chakra“, wie das Schiff alsbald heißen soll, möchte Indien offenbar Seeleute ausbilden, die dann die gegenwärtig im Bau befindlichen ersten drei eigenen Atom-U-Boote steuern und warten sollen. Offiziell dementieren beide Staaten diese Darstellung – schließlich hüten Russlands Militärs ihre Atomtechnik ansonsten wie die eigenen Augäpfel.

Wobei es einen Präzedenzfall gibt: Schon die Sowjetunion hatte in den Jahren 1988 bis 1991 Indien ein Atom-U-Boot „ausgeliehen“. Und gegenwärtig arbeiten beide Länder auch gemeinsam an der Entwicklung eines geheimnisvollen Hyperschall-Cruise-Missiles.

Waren auch indische Marinesoldaten an Bord?


Wie die indische Agentur IANS Anfang November berichtete, sollten alsbald 40 indische Seeleute nach Wladiwostok reisen, um an der Erprobung der „Chakra“ teilzunehmen.

Deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass unter den Unglücksopfern auch Inder sein könnten. Der russische Marine-Sprecher Igor Dygalo rang sichtlich um die richtige Formulierung, als er sagte, dass neben den vielen Zivilisten "81 Militärangehörige" an Bord waren. Der üblich-dröhnende Zusatz "der Streitkräfte der Russischen Föderation" entfiel.



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