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Die vier Finalisten von Jugend debattiert in Russland warten gespannt auf das Urteil der Jury. (Foto: Brammerloh/.rufo)
Die vier Finalisten von Jugend debattiert in Russland warten gespannt auf das Urteil der Jury. (Foto: Brammerloh/.rufo)
Samstag, 21.04.2012

„Jugend debattiert“ – Moskau hat die Nase vorn!

St. Petersburg. Am Freitag wurden die Sieger im Deutsch-Wettbewerb „Jugend debattiert“ im russischen Landesfinale ermittelt. In der Aula der traditionsreichen Petersburger Petrischule war Julia Manjutina aus Moskau die Beste.

Der Ort für den Debattierwettbewerb der russischen Deutschschüler war gut gewählt – die Petrischule (oder Schule Nr. 222,) versorgt das Land seit dem 18. Jahrhundert mit kompetenten jungen Leuten. Unter ihnen waren viele Berühmtheiten wie z. B. der Komponist Modest Mussorgski und die Juwelier-Gebrüder Fabergé.

Bei Russland-Aktuell
• Jugend debattiert-Finale in Kiew: AKW Pro und Contra (23.10.2011)
• „Alles nur Klischee?“ Diskussion im DRH Moskau (27.05.2011)
• Jugend debattiert: Mascha aus Moskau ist die Beste! (11.04.2011)
• Goethe-Institut SPb. aktiv für die deutsche Sprache (14.02.2011)

“Moskau in Petersburg – so gehört sich das!“


In der Aula dieser altehrwürdigen Lehranstalt kam gestern das 3. Landesfinale von „Jugend debattiert international“ in Russland zur Austragung. Zum Thema „Soll das Recht zur Arbeitsaufnahme von Migranten in Russland eingeschränkt werden?“ traten vier Debattanten an, die am Vortag die beiden Halbfinals für sich entschieden hatten.

In ihnen war es um die Themen „Soll der Samstagsunterricht in Russland abgeschafft werden?“ und „Soll das Internet stärker staatlich kontrolliert werden?“ gegangen.

Alexandra Resunowa, Linda Chomjakowa und Arsseni Piroschkow vertraten Petersburg, wobei Arsseni ein Petrischüler ist und Linda gestern ihren Geburtstag feierte. Aus Moskau war Julia Manjutina angereist. Sie musste sozusagen „die Fahne der Hauptstadt“ hoch halten , was bei der historisch bedingten scharfen Konkurrenz zwischen beiden Städten immer eine heikle Sache ist.

Die ewige Konfrontation zwischen Moskau und St. Petersburg sprach dann auch Ferdinand von Weyhe, der deutsche Vizekonsul in Petersburg, in seiner Begrüßungsrede an, und das auf denkbar lapidare und eingängliche Weise: „Moskau kommt nach St. Petersburg – so gehört sich das!“

Hochkarätige Debatte zu einem brisanten Thema


Das Format von „Jugend debattiert“ sieht vor, dass zwei Teilnehmer die „Pro“-Seite des zu debattierenden Themas einnehmen und zwei die „Contra“-Seite. Dabei bleibt der eigene Standpunkt außen vor – es geht um das möglichst gute Argumentieren und Überzeugen, nicht um das Darstellen der eigenen Meinung. Und das macht es natürlich richtig kompliziert.

Die vier Debattanten meisterten ihre Aufgabe souverän; sie beleuchteten das brisante Thema von allen nur möglichen Seiten. Da kam der Slogan der Nationalisten „Russland für die Russen!“ ebenso zum Einsatz wie der Aufruf zur Toleranz. Der Hinweis auf die kulturelle Bereicherung Russlands durch Zuwanderer stand einer beunruhigenden Kriminalitäts-Statistik gegenüber.

Im Internet
• Mehr zu „Jugend debattiert international ist hier zu finden:
• Website des Goethe-Instituts St. Petersburg:
• Die Geschichte der Petrischule ist z. B. hier zu lesen:

www.aktuell.RU ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten.

Julia macht das Rennen


Die Debatte dauerte, wie es die Regeln vorschreiben, genau 24 Minuten und war aufgeteilt in eine Eröffnungsrede (zwei Minuten für jeden Teilnehmer zur Darlegung seiner Hauptthesen), eine zwölf Minuten lange „freie Aussprache“ und ein jeweils 60 Sekunden langes Abschlusswort.

Die fünfköpfige Jury zog sich dann zur Beratung zurück und kam erst nach 45 Minuten wieder in den Saal. Es wollte scheinen, dass ihnen die Entscheidung schwer gefallen war, aber Maria Fassbinder, die Koordinatorin von der Moskauer Zentrale für das Auslandsschulwesen und Juryleiterin, dementierte Spekulationen dieser Art später.

Es sei „eigentlich relativ einfach gewesen“, den Auftritt jedes Einzelnen nach den Kriterien Sachkenntnis, Überzeugungskraft, Ausdrucksvermögen und Gesprächskompetenz zu bewerten, so Fassbinder. Heraus kam der vierte Platz für Arsseni, der dritte für Geburtstagskind Linda und der zweite für Alexandra. Den Sieg trug aber Julia, die einzige Moskauerin, davon.

Im Oktober geht es nach Vilnius


Sie und Alexandra werden Russland im Oktober beim Internationalen Finale in der litauischen Hauptstadt Vilnius vertreten. Dort kommen die Sieger aus den acht Teilnehmerländern (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Russland, Tschechien, der Ukraine und Ungarn) zusammen.

Beim letzten internationalen Finale in Kiew im Oktober 2011 war Annett Lymar aus Estland Europas Beste (Russland-Aktuell berichtete). In diesem Jahr haben in den acht Ländern etwa 1.700 Schüler von 130 Schulen teilgenommen.

Julia Manjutina, die strahlende Siegerin von Jugend debattiert-2012. (Foto: Brammerloh/.rufo)
Julia Manjutina, die strahlende Siegerin von Jugend debattiert-2012. (Foto: Brammerloh/.rufo)
In Russland sind es laut Landeskoordinatorin Natalia Bojkowa vom Geoethe-Institut St. Petersburg jährlich 25 Schulen in Moskau und Petersburg mit etwa 250-300 Schülern mit erweitertem Deutschunterricht. Veranstaltet wird der Wettbewerb in den 10. und 11. Klassen.

Hilfe für den Start ins Leben


Der deutsche Lehrer und Fachberater Gerd Fennefrohn praktiziert das Debattieren in seinen Klassen: „Es ist ganz leicht, die Schüler zu begeistern und ihr Interesse an hochpolitischen Fragen und gesellschaftlich relevanten Themen zu wecken“, weiß er zu berichten.

Auf die Frage, was der Wettbewerb gebracht hat, sagt Arseni, er habe „viel profitiert und wichtige Erfahrungen fürs Leben gewonnen“. Alexandra meint: „Wir debattieren nicht gegeneinander, sondern miteinander.“ Für Siegerin Julia ist es „ein wunderbares Projekt, das hilft, im Leben seine Positionen aufzubauen“. Alle zusammen betonen, sie hätten „unheimlich viele nette Leute kennengelernt“.

Das Debattieren liegt in der Familie


Zum Schluss ein paar Worte zu der Siegerin: Julia Manjutina ist 16 und lernt an der Schule 1527 im Moskauer Stadtteil Kolomenskoje. Sie war schon zwei Mal mit einem Schüleraustausch in Deutschland – in Unna und in Berlin. Den Wettbewerb „Jugend debattiert“ findet sie „sehr spannend“, außerdem „macht es mächtig Spaߓ.

Ihre Pläne sind ein Studium, in dem Deutsch und Gesellschafts-kundliches dominieren sollen. Das erfolgreiche Debattieren liegt übrigens in der Familie: Ihre ältere Schwester Galina hat 2008 das erste russische Finale in Moskau gewonnen und studiert heute in Berlin.



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