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Völkermischmasch wie bei der UNO - Der Weltzeitungskongress in Moskau (Foto: Packeiser/.rufo)
Völkermischmasch wie bei der UNO - Der Weltzeitungskongress in Moskau (Foto: Packeiser/.rufo)
Dienstag, 06.06.2006

Welt-Zeitungskongress: Putin unter Druck

Moskau. Auf dem Weltzeitungs-Kongress versuchte der Kreml, Russland als weltoffenen Staat zu präsentieren – mit begrenztem Erfolg. Die westlichen Gäste wollen einfach nicht glauben, dass die russische Presse frei ist.

“Das ist ja wie bei der UNO hier”, sagt ein Chefredakteur in der Menschenmenge vor dem Moskauer Kreml-Palast zu seinem Begleiter, während die Eröffnungszeremonie beginnt. Die Moskauer Gastgeber des WAN-Kongresses haben alles getan, um einen guten Eindruck bei den gut 1.700 führenden Medienvertretern aus aller Welt zu hinterlassen. Allein die Russische Eisenbahn habe die Großveranstaltung mit 250.000 Dollar gesponsert, erzählen Insider.

Propaganda-Veranstaltung im G8-Vorfeld


Der Kongress sei „Bestandteil eines Plans von politischen, Informations- und Propaganda-Veranstaltungen der Präsidentenadministration“ im Vorfeld des G8-Gipfels, heißt es mit entwaffnender Offenheit in einem offiziellen Pressetext der Veranstalter. Für den Kreml scheint es unerträglich zu sein, spätestens seit der umstrittenen Übernahme des kritischen TW-Senders NTW im Frühjahr 2001 durch den halbstaatlichen Gasprom-Konzern beim Thema Pressefreiheit oft in einem Atemzug mit den totalitärsten Regimes der Welt genannt zu werden.

Die massive Kritik des Weltzeitungsverbandes WAN an der fehlenden Pressefreiheit in Russland überschattet nun auch den Jahreskongress in Moskau. „Ein unerhörter Skandal“, ereiferte sich die Moskauer Boulevard-Zeitung „Moskowski Komsomolez“.

Bei Russland-Aktuell
• Scharfe Kritik an Russland auf Welt-Zeitungskongress (06.06.2006)
• Welt-Zeitungskongress beginnt heute in Moskau (05.06.2006)
• Boos bringt Medien in Kaliningrad auf Linie (08.05.2006)
• Internetzeitung wegen Putin-Satire eingestellt (23.05.2006)
• Es sah aus wie Pressefreiheit, war aber Auftragsarbeit (14.04.2006)
„Viele unserer Mitglieder waren vorab dagegen, den Kongress in Moskau zu veranstalten“, so WAN-Präsident Gavin O’Reilly. Ein wichtiges Argument für die russische Hauptstadt sei gewesen, dass der Zeitungsverband dadurch die Möglichkeit erhalte, seine Kritik persönlich an Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu richten.

Wenn der Präsident nicht kommt, wird Dornröschen gespielt


Ursprünglich sollte die Rede sogar den Aufruf enthalten, Russland aus der G8 auszuschließen, hatte die Moskauer Tageszeitung „Kommersant“ berichtet. Doch der Redetext sei auf Druck aus dem Kreml entschärft worden. Zwischenzeitlich sah es am Montag so aus, als würde der Staatschef die Veranstaltung aus Protest boykottieren. Während die Kongressteilnehmer auf den Präsidenten warteten, wurde das Kultur-Begleitprogramm mit Tschaikowskis „Dornröschen“ in die Länge gezogen. „Wir wussten, dass in der Sowjetunion „Schwanensee“ gespielt wurde, wenn ein Parteichef starb, aber wir wussten nicht, dass „Dornröschen“ gespielt wird, wenn man auf den Staatschef wartet“, witzelte WAN-Geschäftsführer Timothy Balding.

Als der Kreml-Chef am Montag mit zweistündiger Verspätung doch noch auf der Eröffnungsveranstaltung erschien, musste er sich dann von O’Reilly dennoch massive Angriffe auf seine Politik anhören: Zunehmender staatlicher Druck auf die Presse, das Fehlen eines unabhängigen Fernsehens und käufliche Redakteure gehörten zum Alltag der russischen Medien.

Putin versuchte, seinen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Noch vor 15 Jahren eine Veranstaltung wie der WAN-Kongress im Moskauer Kremlpalast, dem Veranstaltungsort der kommunistischen Parteitage, undenkbar gewesen, sagte er. Beschuldigungen, der Staat kontrolliere die russischen Medien immer stärker, wies Putin in seinem Grußwort zurück. „Ich habe andere Informationen darüber“, sagte er. Es gebe in Russland inzwischen so viele private Printmedien, dass niemand sie mehr kontrollieren könne. In der Tat gebe es in Russland fortlaufend Konflikte zwischen Beamten und der Presse, aber das sei so in jedem Land der Welt.

„Die noch vorhandenen Probleme passen nicht in das einfache Schema gute Presse, böse Regierung“, erklärte auch Leonid Makaron, der Vorsitzende des russischen Verleger-Verbands und Haupt-Organisator des Kongresses. Wichtig für eine unabhängige Presse sei zuallererst deren wirtschaftliche Unabhängigkeit. Angesichts der guten Wachstumszahlen in der Medienbranche sei Russland hier auf dem richtigen Weg.

Alle russischen TV-Sender berichteten am Abend ausführlich über den Moskauer Zeitungskongress, Putins dortige Rede und sogar über das kleine Grüppchen Linksradikaler, das während der feierlichen Eröffnung Anti-Putin-Parolen in den riesigen Saal brüllte. Nur über die Kritik an der fehlenden Pressefreiheit verloren die Fernsehnachrichten kein Wort.

(kp/.rufo)


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