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Manchmal sagt auch der Präsident etwas anderes als er eigentlich will (Foto: newsru)
Manchmal sagt auch der Präsident etwas anderes als er eigentlich will (Foto: newsru)
Donnerstag, 26.10.2006

Drei Stunden live: Putins Freudsche Versprecher

St. Petersburg. Die gestrige Livesendung von Putin im Dialog mit dem Volk brachte keine rechten politischen Sensationen (außer dass Putin nach 2008 eine wichtige Rolle spielen will) – aber drei schöne Versprecher.

Wladimir Putins Redeausdauer bei der Jahr für Jahr abgehaltenen landesweiten Audienz beeindruckt: Während der live im Fernsehen und Radio übertragenen Sendung sprach er genau 13.683 Wörter mit 78.250 Buchstaben und beantwortete dabei 55 von 2.334.043 eingereichten Fragen. Das Ganze dauert 2 Stunden und 54 Minuten ohne Pause. Insofern ist ein Versprecher pro Stunde eigentlich nur ein Beweis für die hohe Konzentrations- und Artikulationfähigkeit des Staatsoberhauptes.

Die drei Versprecher waren dafür umso schöner – klassische Freud`sche eben, bei denen das, was man eigentlich denkt oder insgeheim will, an Stelle des Beabsichtigten unfreiwillig in aller Deutlichkeit gesagt wird:

Internationale Politik: “Keiner braucht uns mehr ...“


Als Putin die Erfolge Russlands bei der Tilgung seiner Auslandsschulden preisen wollte, wollte er eigentlich sagen: „Und jetzt sind wir niemanden mehr etwas schuldig“. Doch rutschte ihm statt dem letzten Wort „dolshny“ das ähnliche „nushny“ heraus – womit der Satz den Sinn: „Und jetzt braucht uns keiner mehr“ bekam.

Anders als sein Amtsvorgänger Boris Jelzin, bei dem solche Sätze dann meist zum Rätsel Weltöffentlichkeit einfach stehen blieben, bemerkte Putin seinen Versprecher aber sofort und korrigierte ihn. Ein gewisses Leiden am sich verschärfenden internationalen Liebesentzug gegenüber Russland klang aber doch nach.

“Das soziale Gefälle erhalten! ...“


Eine weiter Putin-Perle war eine Verhaspelung zwischen den Verben „sochranjat“ und „sokraschtschat“ in Bezug auf die Sozialpolitik: „Diese Kluft in den Einkommen zwischen Arm und Reich werden wir erhalten“, erklärte Putin dem vor den Fernseher versammelten Volk – um nach einer ziemlich langen nationalen Schrecksekunde sich zu verbessern: „...verringern“.

Georgien: „Anschluss an die RF bereits erfolgt ...“


Selber grinsen musste Putin über sich, als er aus dem Kaukasus gefragt wurde, ob die Beziehungen zu Georgien jetzt auf Dauer so miserabel bleiben würden wie gegenwärtig.

Putin nahm dies als Veranlassung zu einem kleinen historischen Exkurs – der aber plötzlich nach neoimperialistischen Science Fiction klang: „Georgien ist freiwillig der Russischen Föderation beigetreten“, erklärte der Präsident – und rückte dann die historischen Tatsachen doch wieder zurecht: „äh... dem Russischen Kaiserreich“.

Bei Russland-Aktuell
• Putin verurteilt sexuelle Gewalt (25.10.2006)
• Putin: Kein Anschluss von Abchasien und Ossetien (25.10.2006)
• Putin will auf Russlands Märkten Ordnung schaffen (25.10.2006)
• Putin beginnt Bürger-Fragestunde (25.10.2006)
• Russland morgen: Putin antwortet auf Volkes Stimme (24.10.2006)
Wer das nun als Omen für die weitere Entwicklung des Konflikts sehen möchte, bekam von Putin bei einer anderen Frage aber doch deutliche Auskunft: Einem Beitritt von wenigstens gewissen Teilen Georgiens – den sezessionistischen Provinzen Abchasien und Südossetien – erteilte Putin eine Absage: Blutvergießen wolle Russland in der Region vermeiden, nichts mehr: „Wir drängen nicht nach einer Erweiterung unserer Territoriums. Selbst nach dem Zerfall der Sowjetunion ist Russland das größte Land der Erde. Wir haben Land genug.“

Wenn das mal nicht auf den Kurilen-Inseln als Andeutung verstanden wurde, dass Putin bereit ist, diesen für das große Russland doch so winzigen Flecken Erde doch noch den danach lechzenden Japanern abzutreten ...

(ld/.rufo)



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Touristenattraktion am Roten Platz - Russische Staatssymbole vor dem Kreml: Doppelgänger im tiefsinnigen Dialog zur Erschließung der Wahrheit. (Foto: .rufo)


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