Mittwoch, 18.05.2005
Russische Akademie gegen Wissenschafts-ReformMoskau. Die russische Akademie der Wissenschaften ist gegen die von der Regierung geplante Reform im Forschungsbereich. Der zuständige Minister Fursenko machte inzwischen einen Rückzieher.
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Zwar stellt der Staat mit umgerechnet etwa 1,5 Milliarden Euro in diesem Jahr 500 Millionen Euro mehr für Forschungszwecke zur Verfügung als noch 2004, und eine weitere Steigerung des Wissenschafts-Haushaltes ist vorgesehen. Doch gleichzeitig regt sich immer deutlicher der Unmut gegen ein weiteres unpopuläres Reformpaket von Präsident Wladimir Putin.
Höhere Gehälter durch Streichung von Forschungsstätten
Die Reform sieht nämlich eine Reduzierung der bisherigen 58 nationalen Forschungszentren auf fünf bis sieben vor. Ferner sollen auf deren Basis 25 bis 35 Aktiengesellschaften entstehen. Von derzeit 1.500 aus dem Staatshaushalt finanzierten Forschungsstätten sollen bis 2008 nur 250 erhalten bleiben. Der Akademie der Wissenschaften sollen ihre Immobilienobjekte weggenommen werden. Akademische Institute sollen sich künftig mit angewandter Forschung befassen und privatisiert werden.
Nobelpreisträger Alfjorow: Reform völliger Humbug
Am Mittwoch erreichte die Stimmung in der Jahresversammlung der Akademie in Moskau den Siedepunkt. „Es ist eine Reform um der Reform willen“, erklärte der Physik-Nobelpreisträger Schores Alfjorow in einer wiederholt von Beifall unterbrochenen Rede. Leider vertrete Minister Andrej Fursenko die Anfang der 90er Jahre von den so genannten „jungen Reformern“ aufgestellte These, wonach es in Russland zu viel Wissenschaft gebe. Man könne nicht Forschungsinstitute „einsparen“, um die Forschergehälter anzuheben.
Alfjorow bezeichnete die Pläne der Regierung als „völligen Humbug“. Die Wissenschaft müsse der Volkswirtschaft spürbaren Nutzen bringen, sie könne das allerdings erst, wenn sich die Wirtschaft modernen Hochtechnologien öffne.
Akademiemitglieder wollen neuen Präsidenten
Vor der Vollversammlung hatten Einzelversammlungen der Akademie-Institute stattgefunden, deren Teilnehmer die Reformpläne ebenfalls mehrheitlich ablehnten und außerdem einen Führungswechsel an der Spitze der Akademie forderten. Als neuer Präsident, der die Belange der Forschung besser verteidigen könne, wurde unter anderem der Rektor der Moskauer Lomonossow-Universität Viktor Sadownitschi genannt.
Wissenschaftsminister Fursenko versprach den Akademiemitgliedern, die endgültige Entscheidung über das Reformpaket werde vom 26. Mai auf unbestimmte Zeit vertagt. Die Akademie solle dies jedoch nicht als Möglichkeit verstehen, das Problem totzureden. Die Reform als solche werde nicht zurückgenommen.
(adu/.rufo)
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