Die Moskauer Unternehmenszentrale von TNK-BP wurde gestern von Mitarbeitern des russischen Geheimdiensts FSB durchsucht. (Foto: Westi)
Donnerstag, 20.03.2008
Verhaftungen: Geheimnis-Verrat bei TNK-BP in Moskau?
Moskau. Die Hausdurchsuchungen in den Moskauer Zentralen von TNK-BP und BP Trading stehen im Zusammenhang mit zwei Verhaftungen Mitte März. Der Geheimdienst FSB ermittelt wegen Industrie-Spionage.
Am 12. März dieses Jahres hatte der FSB die Brüder Alexander und Ilja Saslawski festgenommen Alexander arbeitet für das Unternehmen TNK-BP Management und Ilja ist Leiter eines Projekts des British Council, des britischen Kulturinstituts.
Wie ein FSB-Sprecher heute mitteilte, seien die Brüder aufgeflogen, als sie von einem Mitarbeiter eines staatlichen Energiekonzers vertrauliche Informationen erwerben wollten.
Die Brüder sammelten geheime Informationen für einige ausländische Öl- und Gas-Konzerne, die sich von diesen Informationen konkrete Vorteile gegenüber den russischen Konkurrenten auch auf den GUS-Märkten versprachen, erklärte der FSB-Sprecher heute gegenüber der Presse.
Es brodelt schon lange
Bei den Hausdurchsuchungen in den Zentralen sei Beweismaterial sichergestellt worden unter anderem geheime Dokumente der russischen Regierung zur Energie-Politik und zur Erschließung und Nutzung von Ressourcen. Außerdem, so der FSB-Sprecher, seien Visitenkarten von Vertretern ausländischer Militär-Behörden und Aufklärungsdienste in den Unterlagen der beiden Verhafteten gefunden worden. Die Hausdurchsuchungen seinen vorher angekündigt worden, was auch Mitarbeiter von TNK-BP bestätigten.
In der jüngsten Vergangenheit war es mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen russischen Regierungsbehörden und staatlichen britischen Einrichtungen sowie britischen Unternehmen gekommen:
Anfang dieses Jahres endet der Streit um die rechtmäßige Registrierung von Niederlassungen des British Council, für den ja auch einer der gerade verhafteten Brüder arbeitete, mit der Schließung der Geschäftsstellen in St. Petersburg und Jekaterinburg.
Im Zusammenhang mit den jüngsten Verhaftungen erscheint die Auseinandersetzung um angeblich fehlerhafte Registrierungen der beiden Niederlassungen in einem anderen Licht es wäre nicht das erste Mal, dass russische Regierungsbehörden eine ausländische Nichtregierungsorganisation in Zusammenhang mit Spionage-Tätigkeit bringen.
Höchst brisanter Sektor
Jetzt scheint es fast so, dass sich hinter einer ganzen Zahl von Scharmützeln eine größere, ernstere Auseinandersetzung verbergen könnte: TNK-BP ist ein russisch-britisches Joint Venture. Diese Zusammenarbeit hat für beide Business-Partner ihre Vorteile die einen erhalten Knowhow, die anderen Informationen und direkten Zugang zu staatlichen Strukturen.
Gleichzeitig ist die Schnittstelle sicher sehr empfindlich, zumal die russische Regierung gerade dem Energiesektor höchste strategische Bedeutung beimisst. Wie ernst diese strategische Priorität genommen wird, davon können einige erzählen:
Zum Beispiel Michail Chodorkowski, Ex-Yukos-Chef und derzeit Häftling in Sibirien angeblich wollte er Teile seines Energie-Konzerns an amerikanische Investoren verkaufen. Oder das Management des Konsortiums unter der Leitung von Royal Dutch Shell. Es musste die Leitung seines Projekts in Sachalin an den staatlichen russischen Energiekonzern Gazprom (Gasprom) abgeben.
Nicht auszuschließen, dass die Auseinandersetzung mit TNK-BP noch längst nicht beendet ist.
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