Dienstag, 22.03.2005
Kirgisiens wilder Süden bedrängt AkajewVon Alexej Dubatow, Moskau. Die Meldungen über 1.000, 4.000, höchstens 10.000 Aufständische in Kirgisien wirken gemessen an der georgischen Rosenrevolution oder an hunderttausenden orange-farbenen Revolutionären in Kiew aus weiter Ferne kümmerlich. Die Entwicklung im schwer durchschaubaren äußersten Zipfel der früheren UdSSR kann aber ganz andere Formen annehmen.
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Im kirgisischen Gebirge gibt es tausende Kämpfer berittener Landwehren mit Peitschen und krummen Säbeln, die kreischend gegen an geordnete Kriege gewöhnte Soldaten der Zentralarmee losbrausen können. Zumindest eine Hälfte des Landes steckt teils noch tief im Mittelalter.
Opfer der exsowjetischen Nationalitätenpolitik
Wie Tadschikistan, das einen verheerenden Bürgerkrieg bereits hinter sich hat, ist die Republik Kirgisien zweigeteilt. Vor der bolschewistischen Revolution wurde Kasachstan irreführenderweise als Kirgisien bezeichnet. Während der Sowjetzeit wurde dessen südlicher Teil (das heutige Nordkirgisien) mit dem von echten Kara-Kirgisen („schwarzen“ Kirgisen) bevölkerten, durch eine Bergkette abgetrennten Südkirgisien zusammengelegt. Im Norden war der russische Einfluss historisch bedingt stärker.
In Südkirgisien war immer etwas los
Anfang der 90er Jahre hatte es im Süden schon einmal einen lokalen Bürgerkrieg gegeben, bei dem ortsansässige Usbeken massakriert wurden. In der Folgezeit wurden immer wieder Zusammenstöße mit Regierungstruppen unter oppositionellen Parolen gemeldet. Wenn etwas die Abspaltung Südkirgisiens noch verhindern kann, so ist die in sich gespaltene Opposition selbst. Sie wird derzeit nur vom gemeinsamen Hass gegen den Präsidenten Askar Akajew zusammengehalten.
Russland wird sich wohl heraushalten
Der zweite Faktor wäre die Einmischung Russlands. Nach schweren Schlappen in Tiflis, Suchumi, Kiew und Chisinau wird es sich aber vermutlich davor hüten. Moskau geht es vor allem darum, ein Übergreifen der „Tulpenrevolution“ auf den Norden der Republik zu verhindern. Dort gibt es einen russischen Militärstützpunkt und noch schlimmer auch einen amerikanischen Fliegerhorst. Die „Hand der USA“ im kirgisischen Konflikt wäre für Kreml-Strategen ein Albtraum.
Revolution verschlafen
Moskau hat die Tulpenrevolution im Fergana-Becken wie schon viele in der Ex-UdSSR - verschlafen. In der Sowjetzeit wurde immer ein Vertreter des Südens als Republikparteichef eingesetzt, wenn dessen Vorgänger aus Nordkirgisien stammte. Das war eine ausgewogene Personalpolitik. Der Nordkirgise und „Demokrat“ Akajew ist jetzt einfach zu lange an der Macht gewesen. Die Frage „Was nun?“ bereitet auch dem kasachischen Dauer-Präsidenten Nursultan Nasarbajew Sorgen. Beide Länder waren ja mal eins.
(adu/.rufo)
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