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Russische ungebaute Avantgarde (Foto: www.bauman.moskau.ru) |
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Architektur-Welt: Verpasst Moskau den Anschluss?Peter Voßwinkel, Moskau. Moskau lehnt in letzter Zeit gleich serienweise Entwürfe westlicher Architekturstars ab. Ist das neu-russischer Isolationismus? Blockieren die Stadtbürokraten den Fortschritt in der Architektur?
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Der angestrebte Anschluß der russischen Architektur an das, was man den internationalen Stil nennt, wird zunehmend von den städtischen Entscheidungsträgern blockiert. Die sogenannten großen Namen: Hadid (Paris), BRT- Bothe-Richter-Teherani (Hamburg), Foster (London), Libeskind (New York), gmp- Gerkan, Marg & Partner (Hamburg), van Eggerat (Rotterdam) können in Moskau nicht mehr reüssieren. Als gelte für sie eine Art von modernisierungsfeindlicher Sippenhaft.
Sippenhaft für Hipp-Hopp Architektur?
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Skuratows Mosfilmprojekt (Foto: www.bauman.moskau.ru) |
Dabei fällt es tatsächlich bei den genannten Stars langsam auch schwer zu erkennen, wer von wem abgekupfert hat. (Äh,
sorry, Architekten würden wohl eher sagen: inspiriert wurde.) Ähnlich wie beim bereits vereinzelt aufgetauchten Hipp-Hopp fangen alle Häuser auf den Entwürfen an zu tanzen, sie drehen und winden sich. Zuerst konnte man das von Calatrava im schwedischen Malmö sehen. (Ein schmales Hochhaus von unten nach oben um 90 Grad verdreht.)
Bei van Eggerat drehen sich zwei Türme um einander, bei BRT-Teherani dreht sich alles um sich selbst, bei Tchoban-Schweger dreht sich alles um den Lift, selbst bei Moskaus Skuratow dreht sich ein Gebäudeteil Richtung West-Süd.
Und in Moskwa-Citi soll sich dann die ganz große Stadtteilspirale bis zum höchsten aller hohen Federazijatürme aufschwingen. Alle Gebäude scheinen unter Spannung zu stehen. Vielleicht allerdings auch die Architekten im Architektur-Exportwahn.
Verkünder: We are better! We are higher!
Langsam wird einem ganz schwindelig von der Armee eingeflogener Architekturverkünder, die in jedes Eventmikrophon brüllen: Live fast! Free yourself! Be cool! Be wild! I´am the greatest! Be a winner! Change your mind!
Bleibt abzuwarten, wie bei soviel body&soul, eng flankiert vom Schwitzkasten der oft verknüpften Investoren-Entscheider die inzwischen in internationalen Architektenkreisen gerne zitierte GlobalPlayerBrandscapeCultur weiter erfolgreich "claimt".
Architektursprache der Freiheit ohne Sozialismus
Möglicherweise wird diese Architektursprache der Freiheit ohne Sozialismus hier in Moskau einfach (noch) nicht verstanden. Der zelebrierte fröhlich-virile Habitus einer offenen factory-architecture kommt in Russland noch nicht an.
Fast alle Entwürfe abgelehnt, aber Skuratow baut modernistisch
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Eggerats ungebaute Citi-Drehtürme (Foto: www.bauman.moskau.ru) |
Ach, beinahe wäre es in diesem Text untergegangen: die Entwürfe von van Eggerat für Moskwa-Citi und die neue russische Avantgarde, von gmp-Gerkan für Federazija, von BRT-Teherani für Jugosapadnaja, von Foster und Hadid für die neuen Stadtring-Hochhäuser wurden allesamt von der Stadtduma abgelehnt.
Der leicht gedrehte Entwurf des Moskauer Architekten Skuratow dagegen wird an der Mosfilmowskaja in "Qualität-Premium-Klasse", wie der Investor ankündigt, mit Blick auf den innerstädtischen Golfplatz und Siegespark gebaut.
Vielleicht haben die russischen Architekten unterm Strich doch die bessere Marketingstrategie oder beherrschen den obligatorischen Verhaltenscodex der Projektentwicklung made-in-russia einfach besser. Manchmal hilft es eben wenn man jemanden kennt der jemanden kennt. Alles ganz einfach, oder?
Sollten sich vielleicht die Stars und GlobalArchitecturePlayervielleicht vor allem bei einem interkulturellen Survivalkurs anmelden?
In Abwandlung eines geflügelten Wortes des derzeitigen Vizekanzlers Franz Müntefering meinte jedenfalls ein Betroffener: "Papierarchitektur ist Scheiße!"
Peter Voßwinkel, Moskau
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