Donnerstag, 12.05.2005
Die zwei Welten der Kurischen NehrungKaliningrad. Das russische Dörfchen Morskoje und der litauische Ort Nida auf der Kurischen Nehrung liegen nur wenige Kilometer auseinander. In ihrem Erscheinungsbild aber trennen sie Welten.
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Nida im Frühling. Klinkersteine prägen den ersten Eindruck des Besuchers, wenn er den litauischen Ferienort auf der Kurischen Nehrung aufsucht. Alle Wege und Plätze des Ortes sind verklinkert. Selbst am Haffufer sind Fahrradwege mit farbigen Steinen markiert. Keines der alten Fischerhäuser im Ort ist windschief. Nirgends blättert die Farbe. Ungestrichene Gartenzäune gibt es nicht. Auch die kleine Kirche von 1888 ist restauriert. Auf dem Friedhof sind selbst die Inschriften auf den alten Grabsteinen nachgemalt worden.
Die Touristeninfrastruktur ist perfekt ausgebaut. Es gibt einen neuen Busbahnhof und eine Touristeninformation, in der Hochglanzprospekte in mehreren Sprachen ausliegen. Dutzende Pensionen, Ferienwohnungen und Hotels bieten Übernachtungsmöglichkeiten. Die Wege zu den berühmten Dünenfeldern sind befestigt und auf Englisch ausgeschildert. Oben auf dem Dünenkamm thront als Besucherattraktion eine klotzige Sonnenuhr aus Stein und Beton. Der Weg durch den Wald zum Ostseestrand wird nachts beleuchtet.
Zur Unterhaltung der Urlauber gibt es das Thomas-Mann-Haus, ein Bernsteinmuseum sowie zwei kleine Heimatmuseen. Dutzende Cafés und neue Restaurants warten auf hungrige Gäste. Und die kommen von Jahr zu Jahr zahlreicher. Immer mehr Westeuropäer, allen voran die Deutschen, entdecken das Baltikum als Urlaubsort. Im Sommer sind es mehrere zehntausend, die sich hier gleichzeitig im Dreieck zwischen Düne, Strand und den Restaurants im Ort bewegen.
Die andere Welt
Morskoje im Frühling. Auch im benachbarten Dörfchen Morskoje gleich hinter der russischen Grenze ist die Welt in Bewegung geraten. Es wird viel gebaut und gehämmert, denn vor allem bei den reichen Moskauern ist die Kurische Nehrung beliebt. Ihre großen neuen Villen, die hier „Cottages“ heißen, reichen bis an das Haffufer heran. In direkter Nachbarschaft stehen die alten Fischerhäuser, die oft sehr viel mehr als nur einen neuen Anstrich bräuchten. Im Gegensatz zu den Villenbesitzern leben hier Menschen, die oft nicht einmal das Geld besitzen, um eine kaputte Fensterscheibe auszuwechseln.
Hühner rennen über die unbefestigte Dorfstraße. Auch der kleine Dorfladen erinnert an vergangene Zeiten. Die Abfahrtszeiten des drei Mal am Tag fahrenden Busses sind auf ein Brett gemalt, das an eine kleine Holzhütte genagelt ist.
Es gibt kaum ausländische Touristen, die in Morskoje ihren Sommerurlaub verbringen. Die Visabeschaffung ist umständlich und teuer. Viele westliche Besucher verzichten nur ungern auf den gewohnten Standard.
Es gibt keine Cafés, keine Museen und auch keine Touristeninformation. Hinweisschilder zu den Dünenfeldern fehlen, die sich vor und hinter dem Dorf ausbreiten. Touristen werden von der Nehrungsstraße direkt auf die befestigte Plattform mit Blick auf die Epha-Düne geführt. Von der Aussichtsplattform auf den hinter dem Dorf liegenden Dünen mit Blick auf den Schwanenteich hat der Wind hingegen nur ein paar verwehte Holzbretter übrig gelassen. Das Auge schweift vom Haff über den Sand und die Kiefernwälder zur Ostsee hinüber. Und der Besucher darf sich ganz als Entdecker fühlen.
(jm/.rufo)
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